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RECHTSVORSORGE

Die Vorsorgevollmacht – Ihr Bevollmächtigter wird zum Verfechter Ihrer Wünsche

Erstellt am 11.09.2023 | Joanna Gründel
Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Um sicherzustellen, dass Ihre Interessen auch im Falle einer Unzurechnungsfähigkeit gewahrt werden können, sollten Sie frühzeitig entsprechende Verfügungen aufsetzen. Eine dieser Verfügungen ist die Vorsorgevollmacht, in der Sie eine Person Ihres Vertrauens benennen, die im Notfall für Sie handeln soll.

Ein Seniorenpaar genießt gemeinsam den Herbst draußen. Er trägt sie Huckepack. Beide lachen.
Foto von CherriesJD auf istockphoto.com

In manchen Fällen, z.B. bei Demenz oder nach einem Unfall im Koma, ist man nicht mehr in der Lage, seine Wünsche für die eigene Betreuung und Behandlung zu äußern. Um für diesen Fall vorzusorgen, empfiehlt es sich unter anderem, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen stellen sicher, dass Angehörige und Ärzte wissen, was Sie sich für Ihre Betreuung wünschen. Sprechen Sie auf jeden Fall ausführlich mit Ihren Angehörigen, damit diese Ihre Wünsche möglichst genau kennen.

Wozu dient eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht ermächtigt eine Vertrauensperson dazu, Ihre Interessen zu wahren, wenn Sie nicht mehr dazu in der Lage sind. Sie ist deshalb wichtig, weil auch Familienmitglieder oder Partner nicht automatisch das Recht haben, für Sie zu entscheiden. Gibt es keine Vollmacht, wird vom Gericht ein rechtlicher Betreuer bestimmt, der nicht zwangsläufig aus dem Familienkreis stammt. Sollten Sie jedoch einer bestimmten Person Ihre Belange in die Hand geben wollen, können Sie das durch eine Vorsorgevollmacht bestimmen.

Die Vorsorgevollmacht kann verschiedene Aspekte umfassen, von Bankgeschäften und Vertragsangelegenheiten bis zur Heimunterbringung:

Verwaltung von Vermögen, Rechtsgeschäfte Führung eines Kontos, Bezahlung von Rechnungen, Verkauf eines Hauses oder einer Wohnung
Gesundheitsfürsorge Krankenhaus, Arzt oder Pflegedienst auswählen, Krankenakte lesen, Untersuchungen und Behandlungen zustimmen, z. B.: Blutabnahme, Impfungen, Legen einer Magensonde, Computertomographie
Aufenthalt und Unterbringung Die Entscheidung, ob Sie in einem Pflegeheim oder zu Hause gepflegt werden möchten oder wer in Ihrer Wohnung leben soll
Post & Telekommunikation Lesen Ihrer Post oder E-Mails, Abschluss oder Kündigung eines Telefon- oder Handyvertrags in Ihrem Namen
Behörden, Gerichte Beauftragung eines Rechtsanwalts, Beantragung eines Personalausweises, Vertretung bei der Rentenversicherung
Todesfall Entscheidung über Art und Ort der Bestattung

Die Tätigkeiten eines Bevollmächtigten werden im Normalfall nicht vom Vormundschaftsgericht überprüft, in Sonderfällen (z.B. einem Freiheitsentzug durch Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung) benötigt der Bevollmächtigte allerdings die Zustimmung bzw. eine Genehmigung des Betreuungsgerichts. Weitere Bereiche, die durch ein Betreuungsgericht extra genehmigt werden müssten:

  • Testament: Sie sind nicht berechtigt, eine Person zu bevollmächtigen, ein Testament für Sie aufzusetzen.

  • Eheschließung: Sie sind nicht berechtigt, eine Person zu bevollmächtigen, Entscheidungen im Zusammenhang mit Ihrer Eheschließung zu treffen.

  • Gefährliche Operationen: Eine Operation kann gefährlich sein, wenn zum Beispiel ein Bein amputiert werden muss oder eine Herztransplantation notwendig ist. In solchen Fällen dürfen Sie niemanden bevollmächtigen, Entscheidungen über solche Operationen zu treffen.

  • Freiheitsentziehende Maßnahmen: Eine freiheitsentziehende Maßnahme kann zum Beispiel die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung oder das Anbringen von Gittern am Bett sein. Auch das Anlegen einer Bauchbinde ist eine solche Maßnahme. In solchen Fällen dürfen Sie niemanden bevollmächtigen, über freiheitsentziehende Maßnahmen zu entscheiden.

Sie können auch einen zweiten Bevollmächtigten bestimmen, der den „Erst“-Bevollmächtigten kontrolliert, um Missbrauch vorzubeugen. Auch eine Mehrfachnennung von Bevollmächtigten mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen (z.B. Finanzielles und Gesundheit) ist möglich.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Person, die die Vorsorgevollmacht erteilt, weiterhin selbst Entscheidungen treffen kann, solange sie dazu in der Lage ist. Die Vollmacht tritt erst in Kraft, wenn die betreffende Person aufgrund von Krankheit, Unfall oder Alterungsprozessen nicht mehr in der Lage ist, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.



Was gibt es bei der Vorsorgevollmacht zu beachten?

Es gibt keine allgemeingültigen Vorgaben, wie eine Vollmacht auszusehen hat. Es empfiehlt sich jedoch, die Vollmacht notariell beglaubigen zu lassen. Damit ist die Vollmacht auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten wirksam (ansonsten ist eine zusätzliche Bankvollmacht erforderlich). Wichtig ist, dass Sie geschäftsfähig sind und dass die Vollmacht möglichst genau formuliert ist, das übliche „vertritt mich in allen Angelegenheiten“ reicht also nicht aus. Außerdem sollten Sie das Dokument in regelmäßigen Abständen überprüfen und unter Angabe des aktuellen Datums erneut unterschreiben oder gegebenenfalls ändern. Grundsätzlich gilt, dass Sie geschäftsfähig (d.h. volljährig und im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte) sein müssen und Ihre Entscheidung jederzeit ändern oder widerrufen können. Im Folgenden fassen wir kurz zusammen, welche Daten im Rahmen der Vorsorgevollmacht erfasst werden sollten:

  • Name, Geburtsdatum, Anschrift und Kontaktmöglichkeiten des Vollmachtgebers sowie der bevollmächtigten Person
  • Alles, was im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht beschlossen werden soll (z. B. ärztliche und pflegerische Maßnahmen, Vermögensangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten etc.)
  • persönliche Wünsche, die berücksichtigt werden sollen
  • Geltung der Vollmacht über den Tod hinaus – eine sogenannte transmortale Vollmacht, damit kann Ihr Bevollmächtigter sofort nach Ihrem Tod weiter in Ihrem Sinne handeln und muss nicht erst einen Erbschein beantragen

Die Vorsorgevollmacht im Vergleich zur Betreuungsverfügung und Patientenverfügung

Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung Patientenverfügung

Zielsetzung

Wunschgemäße Vertretung durch einen Bevollmächtigten (Vertrauensperson) Einsetzen des gewünschten gesetzlichen Betreuers im Falle einer gerichtlichen Anordnung Festlegen von Wünschen bezüglich zu ergreifender/unterlassender medizinischer Maßnahmen
Mögliche Themenbereiche Regelung von Bankgeschäften,
Vertretung vor Behörden,
Organisation der Pflege,
Bestattungswünsche
Regelung von Geldangelegenheiten,
Organisation der Pflege
! In welchen Themenbereichen ein Betreuer eingesetzt wird, bestimmt letztendlich das Gericht !
lebenserhaltende Maßnahmen wie künstliche Beatmung und/oder Ernährung − ja oder nein
Gültig ab sofort bei Handlungs- und Geschäftsfähigkeit, außer in der Vollmacht ist ein anderer Termin festgelegt sobald das Gericht eine Betreuung anordnet sobald es krankheitsbedingt erforderlich ist
Kontrolle keine durch das Gericht keine

Formale Erfordernisse

· schriftliche Abfassung

· eigenhändige Unterschrift

· regelmäßige Erneuerungen (alle 2 Jahre)

· Unterschrift mind. eines Zeugens

· evtl. zugefügte Ergänzung mit zusätzlicher Unterschrift

· schriftliche Abfassung

· nur bei Änderungswünschen überarbeiten

· schriftliche Abfassung

· eigenhändige Unterschrift

· regelmäßige Erneuerung (alle 1-2 Jahre)

· so detailliert wie möglich formulieren

· Unterschrift mind. eines Zeugens

· evtl. zugefügte Ergänzung mit zusätzlicher Unterschrift

Notarielle Beglaubigung nicht erforderlich, aber hilfreich nicht erforderlich, aber hilfreich nicht erforderlich, aber hilfreich
Kosten keine Kosten
Ausnahme: bei notarieller Beurkundung, dann nach dem Wert ihres Vermögens, mind. aber 60 €, & Registrierung bei der Bundesnotarkammer, Gebühr ab 13 €
keine Kosten
Ausnahme: bei notarieller Beurkundung, je nach Notar 20 - 70 €, & Registrierung bei der Bundesnotarkammer, Gebühr ab 13 €
keine Kosten
Ausnahme: bei notarieller Beurkundung, dann nach dem Wert ihres Vermögens, mind. aber 60 €
Begrenzung möglich möglich möglich
Zeitpunkt des Erlöschens über den Tod hinaus gültig Tod des Betreuten Tod des Patienten
Aufbewahrungsmöglichkeiten zuhause, beim Bevollmächtigten, im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer zuhause, bei Angehörigen oder Freunden, evtl. beim Hausarzt (empfohlen)
Nachteile

· Keine Überprüfung des Bevollmächtigten durch eine unparteiische Instanz

· Hohes Risiko für Betrug, absolutes Vertrauen in Bevollmächtigten nötig

· Konfliktpotential bei mehreren Bevollmächtigten

· Nur gültig bei voller Geschäftsfähigkeit während der Verfassung

· Berufung der Betreuungsperson obliegt endgültig dem Gericht

· Gericht ist nicht zwingend an Ihre Wünsche gebunden

Vorteile

· Bevollmächtigter hat mehr Freiheiten als ein gesetzlicher Betreuer da keine gerichtliche Aufsicht
· Kontrolliert auch die Einhaltung einer etwaigen Patientenverfügung

· Handlungen des Betreuers werden vom Gericht geprüft & im Zweifel sanktioniert
· Volle Geschäftsfähigkeit bei Erstellung ist nicht erforderlich
· Jederzeit formlos widerrufbar

Es ist ratsam, vorsorglich alle drei Vorsorgedokumente zu erstellen, um sicherzustellen, dass im Fall der Fälle Ihre Wünsche respektiert werden und sich eine Person Ihres Vertrauens um Sie kümmert.

Zuletzt geändert am 20.02.2024

QUELLEN
  1. Vorsorgevollmacht, unter: https://www.aok.de/pk/dokumente-vollmachten-patientenrechte/vorsorgevollmacht/ (abgerufen am 10.09.2023)
  2. BMJ: Vorsorge und rechtliche Betreuung. Betreuungsrecht. Mit ausführlichen Informationen zur Vorsorgevollmacht. Berlin, 2021, S. 38ff
  3. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, unter: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/alter/pflege/patientenverfuegung-und-vorsorgevollmacht (abgerufen am 10.09.2023) 

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