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Was sind die ersten Schritte im Pflegefall?

Erstellt am 07.09.2023 | Jennifer Albrecht
Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Ein in der Familie auftretender Pflegefall kann sich aufgrund von Krankheit lange vorher ankündigen oder durch einen Unfall plötzlich auftreten. In jedem Fall stellt er die Angehörigen vor eine ganz besondere Herausforderung, die es zu meistern gilt. Wer kümmert sich um den Pflegebedürftigen, wo findet die Pflege statt, wer kann unterstützen und wo gibt es finanzielle Hilfe – diese und weitere Fragen beantworten wir Ihnen kurz und knapp.

Ein Seniorenpaar sitzt gemeinsam mit einer Altenpflegerin auf der heimischen Couch. Die Altenpflegerin erklärt etwas anhand von Notizen in einem Ordner.
Foto von monkeybusinessimages auf istockphoto.com

Pflegebedürftigkeit kann aus den unterschiedlichsten Gründen auftreten – eine angeborene Behinderung kann genauso der Auslöser sein wie eine später auftretende Krankheit oder ein Unfall. Wenn Sie die Pflege eines Angehörigen organisieren, sollten alle Entscheidungen diese Individualität mit einbeziehen und, sofern möglich, immer auch die Wünsche der pflegebedürftigen Person. Damit Ihnen die Planung leichter fällt, fassen wir für Sie kurz die ersten Schritte zusammen.

Schritt 1: Erfassen Sie den Pflegebedarf

Ob ein Mensch als pflegebedürftig gilt, ist in Deutschland im Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) geregelt: Demnach ist pflegebedürftig, wer aufgrund von bestimmten Kriterien für die Dauer von mindestens sechs Monaten in seiner oder ihrer Selbstständigkeit einschränkt ist und daher auf pflegerische und betreuerische Hilfe angewiesen ist.

Oftmals kann bereits der behandelnde Arzt darüber Aufschluss geben, wie lange die Beeinträchtigungen vermutlich andauern werden. Darüber hinaus können Sie selbst beobachten, wann und wie viel Unterstützung Ihr Angehöriger bei der Bewältigung seines alltäglichen Lebens benötigt. Führen Sie darüber ein Pflegetagebuch – dies hilft Ihnen in den nächsten Schritten weiter.

Schritt 2: Wählen Sie die Form der Pflege

Eine der essenziellsten Fragen, die Sie sich jetzt stellen sollten, ist: Welche Form der Pflege ist für Sie und Ihren Angehörigen die richtige? Diese Entscheidung sollte wohl überlegt sein, denn jeder Weg bringt seine Vor- und Nachteile mit sich.

Wollen Sie die Pflege selbst in die Hand nehmen, ist abzuwägen, wie Sie Beruf, Familie und Pflege miteinander vereinbaren können. Sind Sie der nicht unerheblichen körperlichen und psychischen Belastung gewachsen? Auf der anderen Seite ist eine (teil-)stationäre Unterbringung Ihres Angehörigen mit gewissen finanziellen Belastungen verbunden.

Gehen Sie für diese Entscheidung in sich, sprechen Sie mit Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen, Ihren Familienmitgliedern und Freunden, und vor allem: Informieren Sie sich ausgiebig über die verschiedenen Betreuungswege.

Hilfe erhalten Sie auch jederzeit an folgenden Anlaufstellen:

Schritt 3: Pflegeleistungen beantragen

Nachdem Sie den Pflegebedarf erfasst haben, sollten Sie den Grad der Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen bestimmen lassen. Dazu stellen Sie einen Antrag auf Pflegeleistungen bei der Pflegekasse Ihres Angehörigen, dies kann schriftlich oder telefonisch erfolgen. Die Pflegekasse organisiert einen Prüftermin durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), der über die Höhe des Grads der Pflegebedürftigkeit entscheidet und damit auch über die Höhe der Leistungen, die Ihrem Angehörigen zustehen.

Die Leistungen der Pflegekasse werden rückwirkend zum Datum der Antragstellung genehmigt, daher ist es entscheidend, dass Sie den Antrag möglichst schnell stellen.


Weitere Artikel zum Beantragen von Pflegeleistungen:


Schritt 4: Unterstützung annehmen & delegieren

Die Pflege zuhause sollte nicht von einem einzelnen Angehörigen übernommen werden. Stattdessen empfiehlt es sich, die Pflege gemeinschaftlich im Familienkreis zu organisieren. So können Sie beispielsweise Aufgaben fest unter den möglichen Pflegenden verteilen: Ihr Partner kümmert sich um die morgendliche Routine, Sie übernehmen das Zubettbringen und ein weiteres Familienmitglied erledigt Arztbesuche und Behördengänge. Oder Sie schaffen ein Rotationssystem, mit dem Sie Aufgaben wöchentlich oder täglich neu verteilen.

Nutzen Sie außerdem externe Angebote wie Tages- oder Nachtpflegeeinrichtungen, Bringdienste für Mahlzeiten oder Haushaltshilfen. Darüber hinaus bieten Kliniken und Wohlfahrtsverbände häufig Pflegekurse an, in denen Sie neben praktischen Hilfen oft auch rechtliche Beratung erhalten können.

Schritt 5: Rechtliche Vertretung abklären

Im besten Fall hat Ihr Angehöriger seinen rechtlichen Vertreter mittels Vollmachten oder Verfügungen bestimmt, bevor er pflegebedürftig wurde. Sollten die entsprechenden Dokumente beim Eintritt der Pflegebedürftigkeit noch nicht vorliegen, sollten Sie, wenn möglich, aufgesetzt werden. Damit kann sich nicht nur Ihr Angehöriger sicher sein, dass seinen Wünschen auch im Ernstfall nachgekommen wird, Sie sind in Ihrem Handeln auch rechtlich abgesichert.

Schritt 6: Finanzierung der Pflege

Wie sich die Pflege eines Angehörigen finanzieren lässt, gehört zu den größten Herausforderungen bei auftretenden Pflegefällen. Denn nur selten können pflegebedürftige Menschen die aufkommenden Kosten selbst tragen, aber auch die Angehörigen haben selten die finanziellen Möglichkeiten für eine Mitfinanzierung. Die Frage „Wer zahlt was?“ sollten Sie möglichst frühzeitig klären.

Die Kosten für die Pflege können über verschiedene Wege bewältigt werden:

  1. Mit anerkanntem Pflegegrad stehen Pflegebedürftigen verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung zu – welche Leistungen das sind, erfahren Sie in unserem großen Überblick zu den Pflegegraden.

  2. Ohne Pflegegrad können Sie Leistungen der Krankenkassen in Anspruch nehmen.

  3. Hilfe zur Pflege“ ist eine Leistung der Sozialhilfe, die greift, wenn die Leistungen der Pflegekasse und das Vermögen des Pflegebedürftigen nicht ausreichen, um die Pflege zu finanzieren.

  4. Unter gewissen Umständen können Kindern gegenüber Ihren Eltern unterhaltspflichtig werden, dies ist der so genannte „Elternunterhalt“.

Zuletzt geändert am 23.02.2024

QUELLEN
  1. Plötzlich Pflegefall: Was jetzt zu tun ist https://www.malteser.de/aware/hilfreich/pflegefall-hilfreiche-tipps-fuer-pflegende-angehoerige.html (besucht am 05.09.2023)
  2. Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014); § 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__14.html (besucht am 05.09.2023)

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