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SOZIALHILFE

Hilfe zur Pflege – Wenn das Sozialamt einspringt

Erstellt am 11.09.2023 | Joanna Gründel
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Was passiert eigentlich, wenn ein Pflegebedürftiger seine Pflegekosten nicht mehr bezahlen kann? Reichen die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nicht aus, springt unter bestimmten Voraussetzungen das Sozialamt mit der Hilfe zur Pflege ein. Im Folgenden erklären wir, wer einen Anspruch hat, wie die Hilfe zur Pflege beantragt wird und was dabei zu beachten ist.

Die Hilfe zur Pflege ist eine Sozialleistung, die als Teil der Sozialhilfe in den §§ 61 ff. SGB XII gesetzlich geregelt ist. Da die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in der Regel nicht alle Kosten für die Pflege abdecken und nur bei dauerhafter Pflegebedürftigkeit gewährt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 3 SGB XI), soll die Sozialhilfe sicherstellen, dass pflegebedürftige Menschen trotz ihrer Einschränkungen ein menschenwürdiges Leben führen können (Auffangfunktion). Die Hilfe zur Pflege ist eine bedarfsorientierte Leistung, d.h. sie richtet sich individuell nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Pflegebedürftigen. Die Leistungen werden auf Antrag von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe (in der Regel das örtliche Sozialamt) gewährt und können je nach Einkommen und Vermögen des Antragstellers ganz oder teilweise übernommen werden.

Welche Voraussetzungen muss der Antragsteller erfüllen?

Um Hilfe zur Pflege zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Pflegebedürftigkeit attestiert: Die betroffene Person ist aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung nicht oder nur teilweise in der Lage, die Verrichtungen des täglichen Lebens allein durchzuführen.
  • Keine ausreichenden eigenen Mittel: Die betroffene Person ist nicht in der Lage, die Kosten für die notwendige Pflege aus eigenen Mitteln zu tragen. Zu den eigenen Mitteln zählen: Einkommen und Vermögen.
  • Kein Anspruch auf sonstige Leistungen: Es besteht kein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung oder diese reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken, meist bei Schwerstpflegebedürftigkeit.
  • Keine Unterstützung durch Angehörige: Die betroffene Person kann nicht ausreichend durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn unterstützt werden.

Sobald Sie eine oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht erfüllen werden Sie abgelehnt. Am besten erkundigen Sie sich direkt nach der Ablehnung beim Sachbearbeiter nach den Gründen der Ablehnung.

Was zählt zum Einkommen und was nicht?

Zu den Einkommensquellen, die berücksichtigt werden, gehören vor allem Ihre regelmäßigen Geldeinkünfte und die Ihres Ehepartners, z. B:

  • Renten und Pensionen,

  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,

  • Unterhaltszahlungen von Verwandten,

aber auch

  • Einkünfte aus Kapitalvermögen,

  • freiwillige Zuwendungen Dritter (mit Ausnahme kleiner Geschenke),

  • Nießbrauchrechte (ein fiktiver Betrag wird angesetzt).

Allerdings werden einige auch Einkünfte nicht auf das Einkommen angerechnet. Dazu gehören:

  • bis zu 300 € monatlich Elterngeld,

  • bei Frauen (Jahrgang 1921 und älter): der Erhöhungsbetrag zur Rente wegen Kindererziehung,

  • Zuschüsse zur Sozialversicherung,

  • Pflegegeld, Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrenten,

  • bestimmte Grundrenten, z.B. Entschädigung für Opfer des Nationalsozialismus, Wehrdienstopfer, Gewaltopfer,

  • Renten oder Beihilfen bis zur Höhe der Grundrente nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper und Gesundheit.

Gibt es eine Einkommensgrenze und wo liegt diese?

Die Hilfe zur Pflege setzt ein, wenn Sie die Kosten für die Pflege nicht mehr selbst tragen können.  Dabei spielt die Einkommensgrenze eine wichtige Rolle, denn nur der Teil des Einkommens, der über dieser Grenze liegt, wird berücksichtigt. Liegt Ihr Einkommen darunter, müssen Sie natürlich keine Schulden machen. Nach § 85 SGB XII setzt sich die Einkommensgrenze für die Hilfe zur Pflege wie folgt zusammen:

  1. Grundbetrag von 1.004 € (entspricht 2x Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1) pro Monat

  2. Kosten der Unterkunft ohne Heizkosten (nur in Einzelfällen enthalten)

  3. je unterhaltsberechtigte Person Familienzuschlag von 532 € (entspricht 70 % des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1)

  • Zusatz: Bei Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegegrade 4 und 5) werden nochmals 60 % von der Einkommensgrenze abgezogen bzw. umgekehrt nur 40 % angerechnet.

    (Stand Januar 2023)

Übersteigt Ihr Einkommen die Einkommensgrenze, wird davon ausgegangen, dass Sie die Pflegekosten selbst tragen können. Liegen Sie darunter, springt der Sozialhilfeträger ein.

Was zählt zum Vermögen und was nicht?

Reicht Ihr Einkommen und das Ihres Ehepartners nicht aus, um die Pflegekosten zu decken, wird geprüft, welches Vermögen vorhanden ist. Das können Ersparnisse, Grundbesitz oder andere Vermögenswerte sein. Ausgenommen ist unter anderem das so genannte Schonvermögen. Dieses beträgt bei Ehepaaren 10.000 € und bei Alleinstehenden 5.000 €. Darüber hinaus wird in den meisten Fällen Vermögen, das zweckgebunden angelegt ist und daher nicht anderweitig verwendet werden kann, nicht berücksichtigt:

  1. Das selbstbewohnte Haus oder die selbstbewohnte Wohnung, wenn diese angemessen sind und von einem Familienmitglied bewohnt werden.
  2. Ein Hausgrundstück, auf dem das Haus steht, das der Pflegebedürftige selbst bewohnt.
  3. Ein Hausgrundstück, das zwar nicht selbst bewohnt wird, aber zur späteren Selbstnutzung oder zur Nutzung durch einen Angehörigen bestimmt ist.
  4. Geldbeträge, die für die Renovierung oder den Kauf eines Hauses bestimmt sind, in dem die pflegebedürftige Person untergebracht werden soll.
  5. Kapital und Erträge z. B. aus einer Riester-Rente, die für den Lebensunterhalt benötigt werden.
  6. (Familien-) Erbstücke, die einen ideellen Wert haben (z. B. alte Möbel, Schmuck, Kunstwerke)
  7. Der Verkauf von Vermögenswerten wie Wertpapieren, die zum Zeitpunkt des Verkaufs einen Verlust bedeuten würden.
  8. In einigen Fällen ist auch das Vermögen ausgeschlossen, das für die Bestattung oder die Grabpflege bestimmt ist.

Wofür zahlt die Hilfe zur Pflege?

Die Hilfe zur Pflege übernimmt alle Leistungen, die auch die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt. Auch beim Sozialamt richten sich diese Leistungen nach dem von der Pflegekasse festgestellten Pflegegrad. Liegt kein Pflegegrad vor, führt das Sozialamt eine eigene Prüfung durch.

Wie bei der gesetzlichen Pflegeversicherung haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 nur Anspruch auf wenige Leistungen der Hilfe zur Pflege.

  • Häusliche Pflege (Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Verhinderungspflege, zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen)
  • teilstationäre Pflege
  • Kurzzeitpflege
  • Entlastungsbetrag
  • stationäre Pflege inkl. Sterbebegleitung
  • Hilfsmittel (z. B. Mobilitätshilfen)

Ist eine häusliche Pflege überhaupt nicht möglich, beteiligt sich das Sozialamt auch an den Heimkosten.

Wie beantrage ich die Hilfe zur Pflege?

Es ist wichtig, die Hilfe zur Pflege so früh wie möglich zu beantragen, denn das Sozialamt zahlt nicht nachträglich, sondern erst ab Antragstellung. Zunächst sollten Sie den Antrag vollständig ausfüllen. Dabei können Sie sich von einem Angehörigen oder einem Mitarbeiter des Sozialamtes helfen lassen. Wenn Sie den Antrag persönlich abgeben möchten, sollten Sie einen Termin vereinbaren. Vergessen Sie nicht, die erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen:

  • Personalausweis und bei Vertretung zusätzlich eine Vollmacht oder einen Betreuerausweis

  • Schwerbehindertenausweis, falls vorhanden

  • Bankauszüge der letzten drei Monate

  • aktueller Bescheid der Pflegekasse

  • Einkommens- und Vermögensnachweise (Sparbücher, Wertpapiere, Pensionsnachweise, Rentenbescheide etc.)

  • Wohnkosten (Mietvertrag etc.)

Widerspruch einlegen

Wenn noch keine Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde, weil Sie nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung versichert sind, veranlasst das zuständige Sozialamt die Feststellung durch das Gesundheitsamt. Eine Pflegefachkraft oder eine Ärztin bzw. ein Arzt führt dann an einem angemeldeten Termin bei Ihnen zu Hause eine Begutachtung durch. Anschließend wird ein ausführliches Pflegegutachten erstellt, auf dessen Grundlage das Sozialamt Ihnen einen Pflegegrad zuweist. Wenn Sie mit der Einstufung nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb von 4 Wochen Widerspruch einlegen. Bleibt dieser erfolglos, kann Klage erhoben werden.

Zuletzt geändert am 20.02.2024

QUELLEN
  1. Hilfe zur Pflege, https://www.hamburg.de/mitte/hilfe-zur-pflege/ (besucht am 10.09.2023)
  2. Sozialhilfe: Wann sich das Sozialamt an Pflegekosten beteiligt, https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflege-im-heim/sozialhilfe-wann-sich-das-sozialamt-an-pflegekosten-beteiligt-55159 (besucht am 10.09.2023)
  3. Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe -, https://dejure.org/gesetze/SGB_XII/85.html (besucht am 10.09.2023)

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