Der Entlastungsbetrag ist vielfältig einsetzbar
In der häuslichen Pflege kommen viele neue und anstrengende Aufgaben auf die pflegenden Angehörigen, aber auch auf die Pflegebedürftigen zu. Die Pflegesituation erfordert große Umstellungen im Leben aller Beteiligten. Nicht selten halten sich Pflegebedürftige mit Wünschen oder Bitten um Erledigungen notwendiger Aufgaben zurück, um nicht noch mehr „zur Last zu fallen“. Eine besondere Leistung der Pflegekassen kann hier helfen: Mit dem Entlastungsbetrag können Sie Angebote finanzieren, die Sie im Alltag unterstützen.
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Inhaltsverzeichnis
Welche Voraussetzungen gelten?
Um den Entlastungsbetrag verwenden zu können, müssen zwei Voraussetzungen unbedingt erfüllt sein:
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Der Pflegebedürftige hat einen anerkannten Pflegegrad.
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Die Pflege findet zuhause statt.
Der Entlastungsbetrag ist für alle Pflegegrade gleich hoch; er beläuft sich auf bis zu 125 € monatlich, das sind 1.500 € im Jahr. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen und soll die Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit von Pflegebedürftigen fördern. Zugleich werden Angehörige durch die mit dem Entlastungsbetrag finanzierten Angebote unterstützt.
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Lassen Sie sich beraten
Der Entlastungsbetrag ist eine der am wenigsten genutzten Pflegeleistungen. Obwohl er vielseitig einsetzbar ist und jedem Pflegebedürftigen mit Pflegegrad zusteht, ist vielen nicht bewusst, dass sie Anspruch auf diese Leistung haben. In Deutschland gibt es ein Recht auf Pflegeberatung, in der Ihnen auch der Entlastungsbetrag und die Verwendungsmöglichkeiten erklärt werden.
Der Entlastungsbetrag kann gewissermaßen „angespart“ werden, beispielsweise, um planbare umfangreichere Unternehmungen zu finanzieren. Wird in einem Monat der Betrag von 125 € nicht voll verwendet, wird der übrige Anteil auf den folgenden Monat übertragen. Ist am Ende eines Kalenderjahrs der maximal mögliche Betrag von 1.500 € nicht voll ausgeschöpft worden, kann der Restbetrag bis zum 30. Juni des folgenden Jahres geltend gemacht werden. Theoretisch ist es so möglich, im Juni eines Jahres den angesparten Entlastungsbetrag von 18 Monaten, also 2.250 €, auf einmal zu verwenden.
Wofür kann man den Entlastungsbetrag einsetzen?
Mit dem Entlastungsbetrag kann ein breites Angebot an Leistungen finanziert werden. Diese breite Fächerung hat jedoch den Nachteil, dass man zuvor genau recherchieren muss, ob eine gewünschte Leistung im Rahmen des Entlastungsbetrags abrechenbar ist. Neben bundesweit einheitlichen Regelungen in der Tages-, Nacht und Kurzzeitpflege sind sogenannte Angebote zur Unterstützung im Alltag in jedem Bundesland anders anerkannt. Die Unterschiede sind zum Teil erheblich. Im Idealfall informieren Sie sich auf der Webseite Ihrer jeweiligen Landesregierung und bei Ihrer Pflegekasse, bei welchen Leistungen Ihnen Unterstützung durch den Entlastungsbetrag zusteht.
Grundsätzlich kann der Entlastungsbetrag folgendermaßen verwendet werden:
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In der Kurzzeitpflege für das Aufstocken der Regelleistung und zur Erstattung von Eigenanteilen.
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Die gleiche Regelung gilt in der teilstationären Pflege.
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Für gewisse Leistungen der ambulanten Pflegedienste.
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Für Unterstützung im Alltag (je nach Landesrecht).
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Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1
Der Pflegegrad 1 stellt in Bezug auf den Entlastungsbetrag eine Sonderposition dar. Die Verwendungsmöglichkeiten in der Kurzzeitpflege, der teilstationären und der ambulanten Pflege sind vielfältiger als bei den übrigen Pflegegraden. Unten wird dies in einem eigenen Kapitel näher erläutert.
Die Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag ist in jedem Bundesland anders geregelt. Um Ihnen eine Orientierung zu bieten, welche Unterstützungen gemeint sein könnten, listen wir einige Beispiele auf, die in vielen Bundesländern anerkannt werden. Häufige Leistungen sind:
- Einkaufshilfen.
- Haushaltshilfen.
- Alltagsbegleitungen/Stundenweise Betreuungen.
- Gruppentagesbetreuungen.
Mit der Alltagsbegleitung sind sowohl Hilfestellungen bei notwendigen Erledigungen als auch Gesellschaft in der Freizeit gemeint. Mögliche Punkte, die anerkannte Leistungen sein könnten, sind etwa:
- Begleitung bei Arzt- und Behördenbesuchen.
- Begleitung beim Einkaufen, bei Spaziergängen und Ausflügen.
- Hilfe bei Haushaltsaufgaben.
- Hilfe beim Schreiben von Briefen.
- Vorlesen von erhaltenen Briefen und Dokumenten.
- Gesprächspartner sein.
- Leichte handwerkliche Tätigkeiten oder Blumen gießen.
- Fahrdienste.
- Gemeinsame Freizeitgestaltung wie Brettspiele, Musizieren, Bewegungsübungen oder andere Hobbys.
Das Aufgabenfeld eines Alltagsbegleiters sind nicht von vorneherein festgelegt. Sie richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Pflegebedürftigen und werden zu Beginn genau abgesprochen. Alltagsbegleiter ersetzen jedoch keine Pflegekraft. Sie helfen bei alltäglichen Aufgaben und fördern das selbstbestimmte Leben. Pflegerische Tätigkeiten wie Körperpflege oder die Verabreichung von Medikamenten dürfen nur von ausgebildeten Fachkräften übernommen werden.
Antrag und Abrechnung: So erhalten sie die Leistung
Anders als beispielsweise das Pflegegeld, das einmal beantragt und monatlich ausgezahlt wird, dient der Entlastungsbetrag als Kostenerstattung. Dies bedeutet, dass Sie eine Leistung in Anspruch nehmen, bezahlen und anschließend die Rechnungen und Quittungen bei der Pflegekasse einreichen, um die Erstattung zu erhalten.
Den eingereichten Dokumenten fügen Sie eine Erläuterung bei, die Ihren Wunsch nach Erstattung ausdrückt und die erbrachten Leistungen zu den entsprechenden Rechnungen erklärt. Manche Pflegekassen haben eigene Formulare für den Entlastungsbetrag vorbereitet, die Sie verwenden können.
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Eine Einreichung: Sammeln von Leistungen
Da nicht verwendete Anteile des Entlastungsbetrags automatisch „angespart“ werden, sind Sie nicht gezwungen, jeden Monat einen Erstattungswunsch einzureichen. Stattdessen können Sie auch Rechnungen über viele Monate sammeln und zusammen an die Pflegekasse senden. Wichtig ist nur, dass die in Anspruch genommenen Leistungen nachvollziehbar dargestellt sind und jeweils belegt sind.
Wie beantragt man Pflegeleistungen? Wir bieten Ihnen Mustervorlagen für einen reibungslosen Ablauf.
Keine Vorleistung mit der Abtretungserklärung
Bei wiederkehrenden Leistungen durch denselben Anbieter bietet es sich an, eine Abtretungserklärung zu verfassen. Auf diese Weise kann beispielsweise ein Alltagsbegleiter die Leistungen direkt mit der Pflegekasse verrechnen. Sie selbst müssen nicht mehr in Vorleistung gehen und können sich bürokratischen Aufwand sparen.
Wenn Sie diese Möglichkeit bevorzugen, ist es ratsam, sich regelmäßig eine Auflistung der bei der Pflegekasse eingereichten Rechnungen geben zu lassen. Auf diese Weise behalten Sie den Überblick über Ihr Budget und vermeiden „unschöne Überraschungen“.
Der Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 weisen im Vergleich zu denen mit höheren Pflegegraden vergleichsweise geringe Einschränkungen auf. Aus diesem Grund steht ihnen weder Pflegegeld, Pflegesachleistungen noch Leistungen der Kurzzeit-, Verhinderungs-, der vollstationären und der teilstationären Pflege zu. Zum Ausgleich können sie den Entlastungsbetrag vielfältiger einsetzen als Pflegebedürftige höherer Pflegegrade.
Bei Pflegegrad 1 können alle Kosten der ambulanten Pflege mit dem Entlastungsbetrag finanziert werden. Dies betrifft die Grundpflege, auch Selbstversorgung genannt. Sie umfasst Dienstleistungen in der Körperpflege, Hilfe bei Toilettengängen und bei der Nahrungsaufnahme. Durch diese Maßnahmen wird ein möglichst selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden gefördert.
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Freiwillige vollstationäre Pflege bei Pflegegrad 1
Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 steht es frei, auf eigene Kosten vollstationär gepflegt zu werden. Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entfällt, da dieser an die häusliche Pflege gebunden ist. Die Entscheidung zur freiwilligen vollstationären Pflege unterstützt die Pflegeversicherung jedoch mit einem monatlichen Zuschuss von 125 €.
Umwandlungsanspruch: den Entlastungsbetrag „aufstocken“
Ambulant gepflegte Personen erhalten entweder Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder eine Kombination dieser beiden, sofern mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Pflege richtet sich immer nach individuellen Bedürfnissen, weshalb der sogenannte Umwandlungsanspruch existiert. So haben Pflegebedürftige die Möglichkeit, einen Anteil von bis zu 40 % des Budgets für Pflegesachleistungen in einen aufgestockten Entlastungsbetrag umzuwandeln.
Somit erhöht sich das Budget für Leistungen, die im Rahmen des Entlastungsbetrags abgerechnet werden können, durch Mittel der Pflegesachleistung, die eigentlich nicht damit finanziert werden dürften. Diese Methode ist besonders für verhältnismäßig selbstständige Pflegebedürftige geeignet, die eher eine Betreuung im Alltag als umfassende Pflegemaßnahmen benötigen.
Folgende Tabelle erläutert, welcher maximale Betrag als „aufgestockter Entlastungsbetrag“ möglich ist:
Pflegegrad |
monatliche Pflegesachleistung |
40 % der Pflegesachleistung |
Maximaler „aufgestockter“ Betrag inklusive Entlastungsbetrag |
Pflegegrad 1 |
- |
- |
125 € |
Pflegegrad 2 |
761 € |
304,40 € |
429,40 € |
Pflegegrad 3 |
1.432 € |
572,80 € |
697,80 € |
Pflegegrad 4 |
1.778 € |
711,20 € |
836,20 € |
Pflegegrad 5 |
2.200 € |
880 € |
1.005 € |
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Hinweis zum „aufgestockten“ Betrag
Nur der Entlastungsbetrag von 125 € kann „angespart“ werden, wenn er in einem Monat nicht voll verwendet wurde. Dies gilt nicht für umgewandelte Ansprüche der Pflegesachleistung! Sie müssen innerhalb eines Kalendermonats in Anspruch genommen werden.
Wenn Sie sich unsicher sind, ob ein Umwandlungsanspruch für Sie in Frage kommt, und wenn ja, welcher Umfang sinnvoll ist, lassen Sie sich beispielsweise bei einem Pflegestützpunkt beraten. Pflege ist komplex und anstrengend, da sollten die Hilfeleistungen der Pflegeversicherung so gut wie möglich auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten sein.
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BMG: Ratgeber Pflege. Alles, was Sie zum Thema Pflege wissen sollten, Broschüre, Stand Juli 2023, Seiten 74-88.
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https://www.bundesgesundheitsministerium.de/entlastungsbetrag (8.3.2024)