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Pflegegrad 4

Erstellt am 11.09.2023 | Jennifer Albrecht
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Mit der Verabschiedung der drei Pflegestärkungsgesetze wurde der Pflegebedürftigkeitsbegriff neu definiert, so dass die bisher geltende Pflegestufe 2 mit Härtefall und Pflegestufe 3 zum 01.01.2017 durch den Pflegegrad 4 ersetzt wurde. Im Zuge dieser Umstellung wurden auch die Leistungen angepasst. Wir informieren Sie darüber, welche Leistungen Versicherte mit Pflegegrad 4 von ihrer Pflegekasse erhalten können.

Eine lächelnde Seniorin sitzt auf einem grauen Sofa. Sie hält die Hände einer Angehörigen, die ihr beim Aufstehen hilft.
Foto von Inside Creative House auf istockphoto.com

Zum 01.01.2017 wurden Versicherte, die bis zum 31.12.2016 eine Pflegestufe 3 oder eine Pflegestufe 2 mit Härtefall oder Demenz hatten, automatisch in den Pflegegrad 4 übergeleitet. Dadurch änderten sich die Leistungen, die sie von ihrer Pflegekasse erhielten. Die Pflegestärkungsgesetze brachten aber vor allem eine Anpassung der Begutachtung mit sich: Statt des reinen Zeitaufwands war nun der Grad der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen ausschlaggebend für die Einstufung.

Welche Voraussetzungen gelten für Pflegegrad 4?

Für den Pflegegrad 4 muss eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegen, dies entspricht im neuen Begutachtungsassessment einem Punktwert zwischen 70 und unter 90 Punkten.

Um Pflegeleistungen des Pflegegrades 4 zu erhalten, müssen Sie einen Antrag bei Ihrer Pflegeversicherung stellen. Dies kann zunächst formlos schriftlich oder telefonisch geschehen. Danach erhalten Sie in der Regel einen ausführlicheren Antrag von Ihrer Pflegekasse, in dem Sie Ihre Pflegesituation detailliert darlegen müssen.

Danach erhalten Sie einen Besuch eines Gutachters des Medizinischen Dienstes (MD) oder von MEDICPROOF, wenn Sie privat versichert sind. Der Gutachter prüft Ihre konkrete Situation und gibt anschließend eine Einstufungsempfehlung ab.

Die Einstufung erfolgt nach dem neuen Begutachtungsassessment, welches zusammen mit den Pflegegraden eingeführt wurde. Im Gegensatz zur bisherigen Einstufung, die sich am Zeitaufwand für die Pflege orientierte, wird nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff die Selbstständigkeit des Versicherten ermittelt. Hierfür gibt es 6 Module, für die Punkte vergeben werden. Die Gesamtpunktzahl wird dann auf einer Skala einem Pflegegrad zugeordnet.

Die Leistungen im Überblick

Versicherte mit Pflegegrad 4 haben Anspruch auf verschiedene Leistungen ihrer Pflegekasse. In der folgenden Übersicht haben wir diese kurz für Sie zusammengefasst:

PG 4
Pflegegeld für häusliche Pflege 765 €
Pflegesachleistung für häusliche Pflege 1.778 €
Entlastungsbetrag (zweckgebunden) 125 €
Vollstationäre Pflege 1.775 €
Pflegehilfsmittelpauschale max. 40 €
Hausnotruf 25,50 €
Verhinderungspflege (jährlich) 1.612 €
Kurzzeitpflege (jährlich) 1.774 €
Tages-/Nachtpflege 1.612 €
Vollstationäre Pflege in Behinderten-Einrichtungen 266 €
Anpassung Wohnumfeld (je Gesamtmaßnahme) 4.000 €
Wohngruppenzuschuss 214 €

PG = Pflegegrad; sofern nicht anders notiert werden die Leistungen monatlich gezahlt

Pflegegeld & Pflegesachleistungen: Das zahlt die Pflegekasse

Versicherte mit Pflegegrad 4 haben bei häuslicher Pflege durch Angehörige Anspruch auf ein Pflegegeld in Höhe von 765 € (seit Januar 2024) monatlich. Das Pflegegeld wird direkt an den Versicherten ausgezahlt und soll als eine Art Aufwandsentschädigung für den pflegenden Angehörigen dienen.

Alternativ können Versicherte auch ambulante Pflegedienste in Anspruch nehmen. In diesem Fall übernimmt die Pflegekasse bis zu 1.778 € (seit Januar 2024) monatlich in Form von Pflegesachleistungen. Die Abrechnung erfolgt in der Regel direkt zwischen Pflegedienst und Pflegekasse. Eventuell entstehende Mehrkosten müssen Sie selbst tragen.

Die Höhe der Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege, auch Ersatzpflege genannt, ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die einspringt, wenn die private Pflegeperson z.B. Urlaub macht oder wegen Krankheit ausfällt. Diese Leistung kann von allen Versicherten mit Pflegegrad 2 oder höher für maximal 42 Tage (=6 Wochen) und bis zu einem Betrag von 1.612 € pro Kalenderjahr in Anspruch genommen werden.

Bei der Verhinderungspflege gibt es einige Besonderheiten:

  • Ein Anspruch auf Verhinderungspflege besteht erst, wenn die private Pflegeperson den Versicherten mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat.

  • Das bisher gezahlte Pflegegeld wird während der Verhinderungspflege bis zu 6 Wochen zur Hälfte weitergezahlt. Bei Pflegegrad 4 sind dies 364 € monatlich.

  • Die Verhinderungspflege kann aufgestockt werden: Hat der Versicherte in einem Kalenderjahr die Kurzzeitpflege nicht oder noch nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen, kann diese anteilig, höchstens jedoch um 50 %, als Aufstockungsbetrag genutzt werden. In diesem Fall kann die Verhinderungspflege auf bis zu 2.418 € im Kalenderjahr aufgestockt werden.

Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 4

Die Kurzzeitpflege dient der Überbrückung, wenn die häusliche Pflege noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann oder wegen einer Krisensituation vorübergehend nicht möglich ist. In diesen Fällen übernimmt die Pflegekasse für Versicherte der Pflegegrade 2 bis 5 für maximal 56 Tage im Jahr die Kosten der vollstationären Pflege und gewährt einen Zuschuss von bis zu 1.774 €.

Für die Kurzzeitpflege gelten folgende Besonderheiten:

  • Das Pflegegeld wird für die Dauer der Kurzzeitpflege, längstens jedoch für 8 Wochen, zur Hälfte weitergezahlt. Bei Pflegegrad 4 beträgt dieser Betrag 364 € monatlich.

  • Die Kurzzeitpflege kann aufgestockt werden: Hat der Versicherte im laufenden Jahr noch nicht den vollen Leistungsbetrag der Verhinderungspflege in Anspruch genommen, kann der Restbetrag als Erhöhungsbetrag für die Kurzzeitpflege genutzt werden. Damit kann die Kurzzeitpflege auf bis zu 3.386 € pro Kalenderjahr aufgestockt werden.

Leistungen für Tages- & Nachtpflege bei Pflegegrad 4

Zur Sicherstellung einer ausreichenden Pflege können Versicherte, die zu Hause gepflegt werden, in teilstationären Pflegeeinrichtungen betreut werden. Eine Möglichkeit zur Entlastung der Pflegeperson während der Arbeitszeit kann z. B. die Tagespflege sein. Für Leistungen der Tages- und Nachtpflege können bei Pflegegrad 4 bis zu 1.612 € monatlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Leistung deckt die Kosten der notwendigen medizinischen Behandlungspflege ab, während die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten wie bei der vollstationären Pflege privat zu tragen sind.


Für alle gleich: der Entlastungsbeitrag

Der Entlastungsbetrag ist in allen Pflegegraden gleich hoch. Dementsprechend erhalten auch Versicherte mit einem Pflegegrad 4 einen Betrag von bis zu 125 € monatlich.

Der Entlastungsbetrag kann z.B. verwendet werden für

  • Tages- & Nachtpflege, Kurzzeitpflege oder ambulante Pflegedienste

  • Betreuungsgruppen für Demenzkranke

  • stundenweise Entlastung durch Betreuungskräfte

  • Entlastungsangebote wie Alltagsbegleiter oder Angebote für haushaltsnahe Dienstleistungen (z.B. Einkaufs- oder Putzhilfen).

Tipp: Wird der Entlastungsbetrag in einem Monat nicht oder nicht vollständig in Anspruch genommen, wird der nicht verbrauchte Betrag in den Folgemonat übertragen. So kann der Entlastungsbetrag „angespart“ werden.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen bei Pflegegrad 4

Versicherte mit Pflegegrad haben unabhängig von der Höhe des Pflegegrades Anspruch auf einen Zuschuss für häusliche Anpassungsmaßnahmen, wie z.B. den barrierefreien Umbau der Wohnung. 4.000 € beträgt der Zuschuss pro Gesamtmaßnahme. Wer sich mit mehreren Anspruchsberechtigten eine Wohnung teilt, kann durch Poolen der Leistungen bis zu 16.000 € Zuschuss erhalten.

So hoch sind die Leistungen für die vollstationäre Pflege

Bis zu 1.775 € monatlich erhalten Versicherte mit Pflegegrad 4 in vollstationärer Pflege von der Pflegekasse. Dieser Betrag bezieht sich auf die Aufwendungen für die medizinische Grundpflege. Unterkunft und Verpflegung sowie eventuelle Investitionskosten und einrichtungseinheitliche Eigenanteile sind privat zu tragen und variieren von Einrichtung zu Einrichtung.

Beratungsbesuche bei Pflegegrad 4

Versicherte mit Pflegegrad 4 haben die Möglichkeit, eine kostenlose Beratung in Anspruch zu nehmen, um z. B. die Pflege besser zu organisieren oder um sich über den barrierefreien Umbau der Wohnung beraten zu lassen. Die Beratung erfolgt in der Regel durch Pflegeberater der Pflegekassen oder Pflegestützpunkte.

Sie ist nicht zu verwechseln mit den obligatorischen Beratungsbesuchen durch zugelassene Pflegefachkräfte: Diese sind verpflichtend, wenn die Pflege durch eine private Pflegeperson erbracht wird. Bei Pflegegrad 4 muss der Beratungsbesuch einmal im Quartal erfolgen - wird dieser Pflicht nicht nachgekommen, kann es zu Leistungskürzungen kommen.

Darüber hinaus haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, an kostenlosen Pflegekursen teilzunehmen.

Zuletzt geändert am 23.02.2024

QUELLEN
  1. Pflege zu Hause: Finanzielle Unterstützung und Leistungen für die ambulante Pflege, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/pflege-zu-hause.html (besucht am 09.09.2023)
  2. Verhinderungspflege (Urlaubs-/Krankheitsvertretung), https://www.bundesgesundheitsministerium.de/verhinderungspflege.html (besucht am 09.09.2023)
  3. Kurzzeitpflege, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/kurzzeitpflege.html (besucht am 09.09.2023)
  4. Tagespflege und Nachtpflege, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/tagespflege-und-nachtpflege.html (besucht am 09.09.2023)
  5. Angebote zur Unterstützung im Alltag, Entlastungsbetrag und Umwandlungsanspruch, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/entlastungsbetrag.html (besucht am 09.09.2023)
  6. Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/leistungen-der-pflege/wohnumfeldverbessernde-massnahmen.html (besucht am 09.09.2023)
  7. Beratungseinsätze, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/b/beratungseinsaetze.html (besucht am 09.09.2023)

Hier finden Sie Informationen zu den anderen Pflegegraden

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